Im Versuch den Verlauf von Trauer zu erklären und einordnen zu können, ist der Wunsch nach Orientierung gut zu verstehen. Im Laufe der letzten Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts sind einige Trauermodelle entstanden, die Phasen beschreiben. Aber schon seit Ende des letzten Jahrtausends sind sich die Trauerforscher weltweit einig, dass es diese Phasen so voneinander getrennt nicht gibt und schon gar nicht aufeinander aufbauend. Man kann Trauer nicht ‚abarbeiten' oder wie von einer Stufe zur anderen auf einer Treppe hinter sich lassen.
1999 haben Stroebe & Schut das duale Prozessmodell der Trauer vorgestellt. Die Bewältigung von Trauer findet danach in einer Art Pendeln zwischen Verlustorientierung und Wiederherstellungsorientierung statt.
Was heißt das? Die Trauernden wechseln zwischen dem mehr auf den Verlust ausgerichteten Erleben und den dazugehörigen Gefühlen (Trauer) und den Aktivitäten und Gefühlen, die der Neuausrichtung und Gestaltung des Lebens ohne den Verstorbenen dienen.
Dieses Pendeln kann sehr unterschiedliche Zeiträume füllen. Es kann Minuten, Stunden oder Tage dauern. Direkt nach dem Tod kann es sein, dass die Verlustorientierung sehr viel Raum braucht. Mit der Zeit nehmen die Anteile, in der die positiven Gefühle vorherrschen, zu und man lernt, sich dem auch bewusst zuzuwenden = Wiederherstellung. Die Trauer mit all ihren anstrengenden Symptomen überfällt einen nicht mehr mit voller Wucht und wir können immer häufiger auch steuern, wann wir uns mit unserem Kummer beschäftigen wollen und wann nicht.
Sich von der Trauer gezielt abzulenken, zum Beispiel neue Dinge zu unternehmen, trägt genau so zur Bewältigung der Trauer bei, wie sich bewusst mit Erinnerungen zu beschäftigen, auch wenn das schmerzhaft ist.