Symptome der Trauer

Wir erleben Trauer auf vier Ebenen:

  • emotional
  • kognitiv
  • körperlich
  • im äußeren Verhalten

Dabei kann die Intensität und Länge der Trauer sehr unterschiedlich sein. Auch das Erleben der einzelnen Symptome ist sehr individuell. Trauer ist Stress, so sind auch viele Erscheinungsformen der Trauer Stressreaktionen bzw. mit ihnen vergleichbar.

Wichtig ist:
Es gibt kein richtiges oder falsches Trauern. Jeder trauert auf seine Art und Weise.
Und: Die Symptome können, aber müssen nicht alle auftreten.

 

Symptome der Trauer - emotional

Das Gefühl der Trauer scheint angeboren. Überall auf der Welt sind der Gesichtsausdruck und die Körperhaltung von Trauernden vergleichbar.

Auf der Gefühlsebene kann man folgende Trauerreaktionen erleben/beobachten:

  • Schock, Taubheit (Vermeidung von Gefühlen). Das trifft häufig für die erste Zeit nach dem Verlust zu. So etwa als wollte sich die Seele erstmal vor diesem Unbegreiflichen schützen. Wie stark dieser Schock erlebt wird, hängt auch davon ab, ob wir uns wie z.B. bei langer Krankheit auf den Tod vorbereiten konnten, oder ob jemand plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen wurde.
  • Generelle Unsicherheit. Die Situation ist ganz neu, vieles verändert sich durch den Verlust. Nehmen wir das Beispiel Diagnose: Keiner weiß erstmal so ganz genau, was das jetzt bedeutet. Was kommt auf uns zu? Was wird sich verändern? Das kann verunsichern. 
  • Einsamkeit. Sich einsam zu fühlen, wenn man jemanden verloren hat, erklärt sich sofort. Aber das Gefühl der Einsamkeit kann sich auch einstellen, wenn ihr merkt, dass ihr die Erfahrung der lebensbedrohlichen Erkrankung eines Angehörigen mit niemandem wirklich teilen könnt. Mit den Eltern vielleicht nicht, weil ihr sie nicht noch mehr belasten wollt und mit Freunden nicht, weil die das nicht wirklich nachvollziehen können und es ihnen vielleicht sogar Angst macht.
  • Gefühle von Leere, Sinnlosigkeit und Verzweiflung. 
  • Sehnsucht nach dem Toten. Er/sie fehlt so sehr und das schmerzt ganz furchtbar. 
  • Gefühl der Anwesenheit des Toten. Das macht Trauernden, die dieses Phänomen nicht kennen, häufig Angst. Es ist aber so, dass unser Gehirn sich auch umgewöhnen muss. Da war jemand 'immer da' und so ist seine Anwesenheit im sogenannten limbischen System gespeichert. Das dauert eine Weile, bis wir uns umgestellt haben.
  • Angst, Panikattacken, Angst nicht ohne die geliebte Person leben zu können, Angst von den eigenen Gefühlen überwältigt zu werden, Angst vor dem eigenen Tod, vor Krebs und andere hypochondrische Ängste können auftreten.
  • Erleichterung zu erleben (zum Beispiel wenn ein Mensch vor seinem Tod sehr gelitten hat)  ist in Ordnung! Hier braucht niemand ein schlechtes Gewissen zu haben.
  • Ärger (auf den Verstorbenen) kann aufkommen, zum Beispiel bei einem Unfall.
  • Schuldgefühle können entstehen. Habe ich alles richtig gemacht? Hätte ich häufiger da sein sollen?

 

Symptome der Trauer - kognitiv

  • Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit und Verwirrung erleben die meisten Menschen zumindest in den ersten Wochen und Monaten der Trauer. Das wirkt sich auch in der Schule/Uni/auf der Arbeit aus.
  • Apathie, also Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, ist zu erleben. In der Trauer wirken manche (vorübergehend) wie abgekapselt von der Umwelt.
  • Ungläubigkeit – es dauert, bis der Verlust fassbar wird. 'Für immer nicht mehr da‘, das ist schwer zu realisieren. „Ich kann es nicht fassen“ oder „Das kann doch gar nicht sein“ sind die Gedanken, die immer wieder kommen.
  • Eine ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Verstorbenen und den Todesumständen scheint dazu zu dienen, die große Veränderung, die der Verlust mit sich bringt, begreifbar zu machen.

 

Symptome der Trauer - körperlich

  • Ruhelosigkeit/innere Unruhe.
  • Schlafstörungen – manche können kaum schlafen, schrecken immer wieder hoch oder wälzen sich im Bett. Andere haben das Gefühl, nur noch schlafen zu können, als würde der Schlaf vor der Trauer schützen.
  • Appetitstörungen – auch hier gibt es beide Richtungen: Manchen schnürt es regelrecht die Kehle zu, andere haben dauernd Hunger.
  • Herzklopfen/Engegefühl in der Brust.
  • Schwindel/Frösteln/Zittern.
  • Diarrhoe, Obstipation – der Darm reagiert auf den Stress mit Durchfall oder Verstopfung.
  • Tiefe Müdigkeit, auch wenn von den Stunden her genug geschlafen wurde.

Das alles ist sehr anstrengend. Trauern kostet Energie und Kraft. Es ist, als ob wir körperlich krank wären, als würde der Körper ausgebremst. Und das ist insofern gut, als dass wir diese Zeit brauchen, um den Verlust zu begreifen und zu verarbeiten. 

 

Symptome der Trauer - äußeres Verhalten

  • Weinen. Manchmal fließen die Tränen still, manchmal schüttelt es einen richtiggehend. Die Dauer ist ganz unterschiedlich. Manchmal ist es anstrengend und manchmal ist man danach erleichtert. 
  • Rückzug aus Beziehungen und Aktivitäten (sozialer Rückzug). Mit sich allein sein zu wollen, ist verständlich. Auch Interesse an sonst geliebten Aktivitäten kann der Trauernde manchmal nur schwer oder gar nicht aufbringen. Es ist normal, wenn es an manchen Tagen gar nicht geht und an anderen dann doch. Es sollte aber mit der Zeit wieder mehr werden.
  • Suchtmittel- und Medikamentenmissbrauch. So versuchen manche Trauernde sich zu betäuben, aus der schmerzhaften Realität zu entfliehen. Andere suchtähnliche Verhaltensweisen (ständig neue Kleider kaufen, häufige Partnerwechsel, o.a.) sollen wohl dazu dienen, die Leere zu füllen. Hier ist Vorsicht geboten! Wenn du das bei dir selbst beobachtest, hol dir Unterstützung! Wenn du es bei anderen beobachtest – sprich es an, sag, dass du dir Sorgen machst!
  • Erinnerungsobjekte und -plätze werden aktiv gesucht oder aber aktiv vermieden. Hier ist jeder unterschiedlich. Für manche ist zum Beispiel der Friedhof ein Platz des gedanklichen Austauschs mit dem Verstorbenen. Andere können es nicht ertragen, am Grab zu stehen. Hier sollte jeder seinen eigenen Platz der Erinnerung finden und nicht gezwungen werden. In Familien heißt das: reden! Darüber sprechen, was jedem gut tut und was eben nicht. Und sich immer wieder vor Augen führen, dass jeder seinen eigenen Weg der Trauer gehen muss.